Kampf um bezahlbaren Wohnraum: Erfolge, Herausforderungen und Perspektiven in Tempelhof-Schöneberg

Der Wohnungsmarkt in Tempelhof-Schöneberg hat sich in den letzten zehn Jahren – vor allem für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen – erschreckend verändert. Lag die durchschnittliche Angebotsmiete 2007 noch bei 5,82€/qm, lag sie zehn Jahre später bei 9,97€/qm. Der Bestand an Sozialmietwohnungen ist im Bezirk von 25.618 (2008) auf 13.721 (2017) dramatisch zurückgegangen. Gleichzeitig ist die Bevölkerung um knapp 21.000 auf 349.265 Einwohner*innen angestiegen. Eine stark wachsende Bevölkerung trifft somit auf zu wenige bezahlbare Wohnungen.

Milieuschutzgebiete verdoppelt

Um bezahlbaren Wohnraum zu schützen, wurden 2014 erste soziale Erhaltungsgebiete vom Bezirk ausgewiesen. In sozialen Erhaltungsgebieten, so genannten Milieuschutzgebieten, müssen Bauherren sich sämtliche Baumaßnahmen genehmigen lassen. Luxusmodernisierungen können so verhindert und Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen verzögert werden. In der neuen Wahlperiode haben wir dieMilieuschutzgebiete von vier auf acht verdoppelt und streben in 2019 bereits das neunte Gebiet an. Jede*r dritte Einwohner*in lebt heute in Tempelhof-Schöneberg in einem Milieuschutzgebiet, in Berlin ist es jede*r fünfte.

Vorkaufsrecht dreimal ausgeübt – verbesserter Schutz durch elf Abwendungen

In den Milieuschutzgebieten steht dem Bezirk bei Verkäufen von Wohnhäusern ein Vorkaufsrecht zu, das die Käufer*innen durch Abwendungserklärungen sprichwörtlich abwenden können. Elfmal haben wir Abwendungserklärungen entgegen genommen und damit einen besseren Schutz für den bezahlbaren Wohnraum erreicht. Sechs weitere Verfahren werden aktuell geprüft. Das Vorkaufsrecht habe ich als Baustadtrat in diesem Jahr bereits dreimal zu Gunsten einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft ausgeübt.

Genehmigungen für Wohnungsbau stark angestiegen

Wer die Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen einmal erlebt hat, versteht, dass wir vor allem kurzfristig mehr Wohnungen brauchen. Aufgrund des knappen Personals setze ich vor allem auf Vorhaben, die sich kurz- und mittelfristig realisieren lassen. Die aktuelle Statistik gibt uns dabei Recht: Für 2018 sind bis August 1.299 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt worden. Im Bündnis für Wohnungsbau sind als Ziel 934 Wohnungen für 2018 vereinbart.

Neue Wohnungen im Bau und in der Planung

Und wo befinden sich die neuen Wohnungen? Aktuelle Bauvorhaben befinden sich u. a. im Schöneberger Norden an der Bautzener Straße (300 Wohneinheiten = WE) und an der Friedenauer Höhe (etwa 1.500 WE). Noch in der Planung, aber auch schon im Bau ist das neue integrierte Stadtteilquartier am Bahnhof Südkreuz mit 1.740 WE. Völlig neu geplant werden z. B. die Bauvorhaben an der Attilastraße (700

WE), die Neue Mitte Tempelhof (500 WE) und in Lichtenrade an der Alten Mälzerei (180 WE). Diese Beispiele zeigen: Im gesamten Bezirk wird geplant und gebaut – vor allem dort, wo auf eine bestehende verkehrliche Erschließung zurückgegriffen werden kann und diese nicht neu oder grundlegend umgebaut werden muss.

Landeseigene Bauflächen für Wohnungsbau nutzen

Bauflächen sind ein rares und teures Gut. Da aber vor allem zu wenige landeseigene Bauflächen zur Verfügung stehen, sind Wohnungsbauvorhaben wie „Am Mühlenberg“ in Schöneberg von besonderer Wichtigkeit. Hier sollen durch Nachverdichtung 120 neue Wohnungen von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag gebaut werden.

Perspektive Wohnungsbau mit sozialer und grüner Infrastruktur

Wir müssen den Neubau von Wohnraum so gestalten, dass wir die grüne und soziale Infrastruktur mitwachsen lassen. Nur so gestalten wir nachhaltige Wohnquartiere mit Zukunft. Um diesem vielfältigen Bedarf an Flächen gerecht werden zu können, werden wir ein intelligentes Flächenmanagement in Verbindung mit einem EDV-gestützten geographischen Informationssystem aufbauen. Damit können wir u. a. den Ankauf von privaten Flächen für die soziale Infrastruktur und für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum anstoßen. Für den personellen Aufbau einer strategischen Entwicklungsplanung mit einer Flächenakquise hoffe ich auf die notwendige Unterstützung vom Land.

 

Jörn Oltmann

stellvertretender Bezirksbürgermeister und Stadtrat für Stadtentwicklung und Bauen

B’90/GRÜNE