Debatte um die Neutralität

2005 wurde das Neutralitätsgesetz vom Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet. Es verbietet Lehrkräften und Mitarbeiter*innen von Justiz und Polizei das Tragen religiöser Symbole wie Kopftuch, Kippa oder Kreuz, solange sie im Dienst sind. Zuletzt haben Urteile des Landesarbeitsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts die gesellschaftliche Debatte über das Neutralitätsgesetz befeuert. Auch bei uns GRÜNEN ist das Gesetz umstritten, wie unsere Diskussionsveranstaltung am 12. Juni 2018 zeigt.

Auf der einen Seite stehen die Verfechter*innen des Neutralitätsgesetzes. Ihrer Auffassung nach sind Funktionsträger*innen des Staates der weltanschaulichen Neutralität verpflichtet. Insbesondere das Kopftuch stehe für veraltete und sexualisierende Geschlechterbilder, die nicht vereinbar mit GRÜNEN Grundwerten sind, so Marlene Löhr, ehemalige Landesvorsitzende von B´90/DIE GRÜNEN in Schleswig-Holstein und Mitglied der Ibn Rushd–Goethe Moschee.

Ganz anders sehen es Bettina Jarasch, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und Sprecherin für Religionspolitik, Integration und Flucht und Dirk Behrendt, Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Vor dem Hintergrund des akuten Lehrermangels in Berlin finden sie es falsch, wenn eine Frau mit abgeschlossenem Lehramts-Studium, die sich entscheidet auf der Arbeit ein Kopftuch zu tragen, in unserer Stadt nicht unterrichten darf. Eine muslimische Frau könne sich durchaus selbstbestimmt dazu entscheiden, ein Kopftuch zu tragen. Ihr die Fähigkeit abzusprechen, sich neutral gegenüber ihren Schüler*innen zu verhalten, sei zu kurz gegriffen. Und überhaupt, vielleicht bedeute „Neutralität“ in unserer diversen Gesellschaft auch lediglich „die Abbildung der Diversität“, so zumindest sieht es Sebastian Walter, ebenfalls Mitglied des Abgeordnetenhauses.

Trotz des heftigen Schlagabtausches zeugt die Veranstaltung von der offenen und sachorientierten Debattenkultur unter uns GRÜNEN, die sich nicht der Komplexität aktueller politischer Fragestellungen verwehrt. Es liegt in den Händen des Berliner Senats zu prüfen, ob und in welcher Form das Neutralitätsgesetz weiter bestehen soll.

 

Lea Aigner, Mitarbeiterin für Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, B‘90/DIE GRÜNEN Tempelhof-Schöneberg