Eigentum verpflichtet

Mietwohnungen dürfen drei Monate ohne Genehmigung leer stehen. Zurzeit stehen in Berlin jedoch rund 90 Häuser bereits deutlich länger leer. Die Bezirksverordnetenversammlung von Tempelhof-Schöneberg diskutiert das Problem aktuell im Zusammenhang mit einem Haus in der Odenwaldstraße in Friedenau. Hier stehen zwölf Wohnungen schon mehr als zehn Jahre leer. Das wollen wir GRÜNE nicht dulden. Mehrfach ist das Wohnungsamt mit hohen Bußgeldern gegen den Leerstand vorgegangen. Die rechtlichen und finanziellen Hürden für ein darüberhinausgehendes behördliches Eingreifen sind jedoch hoch.

Zwar gibt das 2014 verabschiedete Zweckentfremdungsverbotsgesetz dem Wohnungsamt die Möglichkeit einer Treuhänderschaft als letztes Mittel, welche es dem Bezirksamt ermöglichen würde, ein Haus zu sanieren und Wohnungen wiederherzustellen. Für die Anwendung des Treuhändermodells sind neben den praktischen Fragen von Geld und Personal aber weitere rechtliche Voraussetzungen relevant. So hat das Oberverwaltungsgericht Berlin alle Fälle, bei denen schon vor 2014 eine Zweckentfremdung durch Leerstand vorlag, dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Allein in Tempelhof-Schöneberg sind dies mehr als 500. Zu klären ist, ob die Zweckentfremdung durch Leerstand auch dann verboten ist, wenn sie schon vor 2014 bestand. Solange das Urteil aussteht, kann das Wohnungsamt nicht handeln.

Mittlerweile sind die Wohnungen in dem Friedenauer Haus unbewohnbar, der bauliche Verfall des Hauses ist weit fortgeschritten. Damit ist das Haus auch ein Fall für die Bau- und Wohnungsaufsicht. Das Baurecht ermöglicht jedoch nur eine Gefahrenabwehr. Ein weiterer Handlungsspielraum der Behörden im Rahmen des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes besteht nicht, solange die Wohnungen aufgrund des baufälligen Zustandes unbewohnbar sind – eine rechtliche Lücke.

Das Treuhändermodell ist daher bislang eher symbolische Politik als ein konkretes Mittel für praktisches Verwaltungshandeln. Für Problemimmobilien wie in Friedenau ist eine Verschärfung des Wohnungs- und Bauaufsichtsrechts mindestens so dringend notwendig wie eine Novelle der Zweckentfremdungsregeln.

 

Christiane Heiß

Bezirksstadträtin für Bürgerdienste, Ordnungsamt, Verkehr und Grünflächen

B’90/GRÜNE

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