Digitale Bildung analog diskutiert

 

Die Gesellschaft digitalisiert sich. Der flächendeckende Ausbau des Breitbandinternet ist erklärtes politisches Ziel der scheidenden und eventuell neuen Bundesregierung. Forderungen nach einer verstärkten digitalen Bildung insbesondere für die Arbeitswelt werden regelmäßig erneuert. Digitales Wissen entfaltet heutzutage aber auch für die Gesellschaft und individuelle Lebenswelten enorme Bedeutung. Eine weitreichende strukturelle und ideelle Ausgestaltung digitaler Bildung ist bisher jedoch nicht zu erkennen.

Annähernd analog haben wir im jungen und jung gebliebenen Kreis noch in der vorweihnachtlichen Lebkuchenatmosphäre des letzten Jahres darüber diskutiert, was digitale Bildung uns eigentlich lehren soll. Einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien zu erlernen, war dabei immer wieder ein zentraler Aspekt. Und den lernt mensch eben nicht durch ein flächendeckendes Handyverbot an den Berliner Schulen, wie Franz Kloth vom Landesschülerausschuss unterstrich. Durch die mangelhafte Ausstattung der Schulen mit digitaler Infrastruktur, fehlende Konzepte, wie digitale Lernoptionen fächerübergreifend in den Unterricht integriert werden können und der allzu oft mangelnden Bereitschaft der Lehrerkräfte sich im digitalen Bereich fortzubilden, bleiben die Schulen ein analoger Lernraum. Ein Mangel, den auch die GRÜNEN Bezirksverordneten von Tempelhof-Schöneberg nun mit einem Antrag beseitigen wollen.

Welchen Mehrwert Bildung auf dem Onlineweg entfalten kann, zeigen die enormen Nutzer*innenzahlen von Massiv Open Online Courses (MOOCs). Digital kann Mensch sich hier mittlerweile in strukturierten Kursen zu den unterschiedlichsten Themen fortbilden. Dafür müssen spezielle didaktische Materialien entwickelt und digitale Kommunikationsräume für die Teilnehmer*innen geschaffen werden, schildert Stefanie Schweiger vom Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam, das eine eigene MOOC-Plattform betreibt. Auf diesem Weg wird ein niedrigschwelliges Lernangebot für alle Wissbegierigen geschaffen. Warum sollte solcherart erworbenes Wissen zukünftig nicht auch offiziell von Bildungseinrichtungen und Arbeitgeber*innen genutzt und anerkannt werden?! Überdies wird die Vermittlung von Wissen durch Formate wie MOOCs weiterentwickelt. Vielleicht mit positiver Ausstrahlung auf die gängige Lehrpraxis in Schulen und Universitäten?!

Grafisch gut aufbereitetes Lernen mit Onlinetools ist reizvoll. Dennoch warnt die GRÜNE Laura Sophie Dornheim vor dem Problem zu einfacher Bedienoberflächen. Der fehlende Einblick in die digitalen Strukturen lässt die Kompetenz und Reflektion der Nutzer*innen verkümmern. Dem entgegenzuwirken, ist die dringende Aufgabe unseres Bildungssystems, welches digitale Bildung als Grundkompetenz verankern sollte.

 

 

Wera Pustlauk

Beisitzerin im Kreisvorstand Tempelhof-Schöneberg, B`90/Grüne